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Sex

Dieser Typ opfert seine Jungfräulichkeit für die Kunst

Dieser Londoner Kunststudent will seine Jungfräulichkeit mit Farbe an seinem Körper in einem Raum voller Menschen verlieren. Das ist eine Geschichte, die man seinen Enkeln erzählen kann, meint er.

Clayton Pettet

Für die meisten Leute ist die Jungfräulichkeit eine ziemlich große Sache. Wahrscheinlich weil die Gesellschaft uns einschärft, dass du vor dem Sex ein unbehaartes Rehkitz bist, das sich durch das Gestrüpp von wachsenden Brüsten und heimlicher Selbstbefriedigung schlagen muss, während du nach dem Sex in die Reihe der Erwachsenen aufgenommen wirst, die alle Platten von D’Angelo kennen und am Swimmingpool Cointreau trinken dürfen. Doch bekanntlich ist die Gesellschaft fies und schlecht informiert. Wahrscheinlich hat sie keinen Schimmer, wovon sie redet.

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Um zu verstehen, wo die fixe Idee über die Jungfräulichkeit und der Hang zur Kontrolle herkommen, beschloss mein Freund Clayton Pettet, sich im Rahmen eines Kunstprojekts mit dem Titel „Art School Stole my Virginity“ vor den Augen von Zuschauern deflorieren zu lassen. Er erzählte mir, dass bereits ein paar Boulevard-Journalisten Wind von der Sache bekommen hatten. Bevor sie über die Geschichte herfallen konnten, rief ich Clayton an.

Der Flyer von Claytons Projekt

VICE: Hey Clayton, ich habe gehört, du wirst von der Presse verfolgt? 
Clayton Pettet: Ja, ich habe gerade mit einem Journalisten gesprochen. Es war so komisch. Ich habe das Gefühl, dass die Zeitungen, die mich befragen, den besten Einblick in mein Projekt kriegen wollen, nur um es dann zu verreißen. Es ist verrückt. Ich bin nicht daran gewöhnt, dass ich jedes Wort abwägen muss.

Aber damit musst du doch gerechnet haben, oder?
Es ist mir egal, was Journalisten über mich sagen, solange sie ihre eigenen Worte verwenden. Ich will nicht, dass meine Worte verdreht werden. Aber zumindest führt all das zu Diskussionen. Egal, ob es die Leute wütend macht, aufregt oder durcheinanderbringt, es ruft Gefühle über Kunst hervor. Das ist etwas, was uns verloren gegangen ist.

Findest du? 
Man sagt, dass alles schon einmal gemacht wurde, aber das glaube ich nicht. Wenn du dich anstrengst, gibt es Sachen, die nur du denken kannst. Sachen, die so tief in dir vergraben sind, dass du einfach auf eine Leinwand kotzen und deinen Geist den Rest erledigen lassen könntest, wenn du wolltest.

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Na gut. Wann kam dir diese Idee?
Seit ich 16 bin, bin ich von der Idee der Jungfräulichkeit überwältigt. Damals habe ich angefangen, darüber nachzudenken, warum sie so viel bedeutet und warum die Bedeutung so real ist. Bis ich an der Kunstschule war, dachte ich immer wieder: „Was, wenn ich das Konzept der Jungfräulichkeit zugänglicher machen, indem ich meine bei einer Performance verliere?“ Denn um nichts anderes handelt es sich meiner Ansicht nach bei der Jungfräulichkeit: um eine Performance, die dazu dient, Frauen zu bewerten. Es ist ein heteronormativer Begriff, mit dem ständig der Wert eines Menschen bemessen wird. Mein Werk ist auch eine Art Studie: Gibt es irgendwas, das sich nach der Penetration ändert? Ist sie überhaupt von Belang?

Für mich war die Entjungferung sehr wichtig. Glaubst du, dass sie aus männlicher Sicht noch mehr gehypt wird?
Ja, auf jeden Fall. Es ist generell eine sehr gehypte Sache. Mittlerweile wird es eher als Beleidigung gesehen, wenn man noch Jungfrau ist, aber es war immer ein Makel und bedeutet seit jeher so viel mehr, als es eigentlich sollte. Ich habe das Gefühl, dass die Leute noch viel wütender wären, wenn ich ein Mädchen wäre und mich für das Projekt entjungfern lassen würde. Und das ist der Punkt. Jungfräulichkeit wird dazu benutzt, dir je nach Geschlecht deinen Wert vorzuschreiben.

Meinst du also, dass Sex unwichtig ist? 
Sex ist wichtig. Man wird sich immer an die erste sexuelle Erfahrung erinnern. Aber diese Erfahrung sollte nicht als Verlust der Unschuld in Erinnerung bleiben. Aber vielleicht irre ich mich auch. Deshalb mache ich dieses Kunstwerk. Es ist vor allem eine Selbsterfahrung.

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Wie kommt es, dass du noch Jungfrau bist?
Ich weiß nicht … Ich glaube, es hat ziemlich lange gedauert, bis ich meine sexuellen Präferenzen herausgefunden habe. Ich war so besessen davon, meine Jungfräulichkeit zu verlieren, dass ich nie dazu gekommen bin, jemanden zu treffen, mit dem ich es tatsächlich tun könnte.

Echt?
Na ja, es gab natürlich Momente, in denen ich Sex hätte haben können. Irgendwie hat mich immer etwas davon abgehalten. Aber jetzt weiß ich, dass ich es so machen will. Ich will meine Jungfräulichkeit für die Kunst und einen Wandel verlieren.

Wem wirst du deine Unschuld schenken? 
Ich kann momentan keine Information über meinen Partner geben. Er ist auch an meiner Schule und jemand, zu dem ich mich körperlich und emotional hingezogen fühle.

Das ist schön. Wie wird es denn ablaufen? 
Ich kann nur soviel sagen, dass ich vor einem Publikum in einem großen Raum Sex haben werde. Es wird ästhetisch ansprechend sein und keine Peep-Show oder irgendetwas Dunkles oder Zwielichtiges. Aus dieser einen Performance werden weitere Werke entstehen. Mein Partner und ich werden mit leicht bemalten Körpern auf einer nicht aufgezogenen Leinwand miteinander schlafen, um zugleich ein bleibendes Werk zu schaffen. Es wird direkt nach der Performance aufgehängt.

Kann ich zuschauen?
Klar! Alle, die es sehen wollen, können sich auf dem Blog für Tickets registrieren. Weil der Andrang zu groß ist, kann ich nicht jeden zulassen. Es ist mir egal, wer du bist, ich will nur, dass du etwas fühlst. Ich will Gefühle von meinem Publikum, ich will ein neues Kollektiv. Ich mache dieses Werk nicht nur für mich, sondern ich will, dass viele andere neue Künstler hervortreten und ihre Ideen vorstellen—Ideen, die zuvor abgelehnt wurden. Ich will ein Kollektiv bilden. Ich habe das Gefühl, dass mein Kunstwerk so ein Kollektiv herstellen könnte. Dass es ein Publikum versammeln kann, um Werke für die Zukunft zu schaffen.

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Was sagst du zu Leuten, die deine Performance als bloßen Gag bezeichnen? 
Das ist OK—Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Ich würde die Performance auch machen, wenn ich nur einen Zuschauer hätte und sie in einer Crackhöhle durchführen müsste.

Du würdest deine Jungfräulichkeit wirklich in einer Crackhöhle verlieren wollen?
Nein, nicht wirklich.

So oder so wird es eine großartige Geschichte.
Ich glaube, es ist eine, die man seinen Enkeln erzählen kann. Wie jeder Künstler will ich, dass man sich an sie erinnert. Darauf kommt es bei der Kunst an—dass Leute sie ansehen. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht will, dass Leute mehr darüber erfahren wollen. Dass sie ihr ihre volle Aufmerksamkeit widmen. Alle Künstler wollen, dass man über ihre Werke spricht, dass man sie betrachtet und untersucht.

Wenn das Ganze hier nie passiert wäre, wie hättest du dann gern deine Unschuld verloren?
In einem Raum, in dem ich vielleicht erwischt werden könnte, und mit jemandem, zu dem ich mich sehr hingezogen fühle, aber in den ich nicht verliebt bin.

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